Tilman Freyenhagen ist seit 1996 in der Branche, hat bei der Condor gelernt, 2002 ein duales Studium zum Vertriebsökonomen absolviert. Er war Maklerbetreuer, Vertriebsdirektor bei der Ideal und Prokurist bei Condor und R+V Leben. Risikomanagement liegt ihm im Blut, 20 Jahre „Stallgeruch“ haben ihre Spuren hinterlassen. Mit Alsterspree gibt er das Fachmagazin „Procontra“ heraus, betreibt mit „Profino“ eine digitale Online-Plattform für den Austausch der Branche. Mit sehendem Auge kümmert er sich jetzt darum, dass die Branche ihre Augen öffnet.

„Wir sind mit unseren innovativen Ideen bei den Versicherungen abgeprallt“, bringt der Wahl-Hamburger zunächst auf den Punkt. Für Versicherungen geht es darum, Bestände zu migrieren, Regulierung zu beherrschen und Effizienzen zu steigern. Digitalthemen gehören nicht zum Alltagsgeschäft. Hinzu kommt: Mittelgroße Anbieter, wie die norddeutschen Anbieter Hanse-Merkur, Itzehoer oder Uelzener haben nicht die Ressourcen der Großkonzerne, um eigene Labore zu betreiben.

Die Idee von Startups, das Maklergeschäft anzugreifen, zielt zu kurz.

Prof. Dr. Florian Elert, Spezialist für Versicherungsmanagement an der Wirtschaftshochschule HSBA und Partner der gemeinsamen Insurtech Werft Hamburg sagt, wie man den norddeutschen Versicherern helfen will: „Unsere Idee ist, dass die Versicherungen möglichst schnell und mit wenig Aufwand neue Dinge ausprobieren können.“ Der Veranstalter des 1. Hamburg Insurance Innovation Days macht klar: Die Idee vieler Startups, das Maklergeschäft anzugreifen, zielt zu kurz. So, wie Versicherungen nicht immer schnell genug sind, so haben Startups nicht den Zugang zu Kunden und Daten.

Die Insurtech Werft geht einen anderen Weg: Auf der einen Seite engagieren sich Versicherer mit ihren Innovatoren, die offen sind für neue Ideen und die Umsetzung. Auf der anderen Seite stehen ausgewählte Startups. 6x im Jahr treffen sich die Partner, um einen Use Case in die Praxis umzusetzen.
Dreh- und Angelpunkt: Die digitale Musterversicherung „Fury“ als Sandbox. Umgesetzt an einem Tag zusammen mit dem Hamburger Startup „Kasko“, dass wir vorgestellt haben. Mittlerweile hat Fury einen Chatbot und ein Robotics-Tool bekommen, mit dem Geschäftsvorfälle automatisch und ohne Schnittstelle bearbeitet werden können.

Die praktische Zusammenarbeit an konkreten Themen ist der Kern der Insurtech Werft von Alsterspree, HSBA und Gründungspartner Hanse-Merkur. 16 Corporates und Startups sind aktuell dabei, widmen sich 6x im Jahr im DI-Lab gegenüber der Neuen Börse der Zukunft der Versicherungsbranche. Das Besondere: Alle Partner erarbeiten gemeinsam Konzept, Funktionen und Umsetzung einer Idee. Am Ende des Tages können die Beteiligten den fertigen Prototypen mit in Ihre Companies nehmen – und nutzen.

Versicherungen, Startups und Dienstleister freiwillig in einem Boot

„Wir sind der Meinung, dass das operative Arbeiten der große Unterschied ist, betont Vordenker Tilman Freyenhagen die Idee des Rapid Prototyping-Ansatzes. Während die bayerischen Versicherungen im „Insurtech Hub“ München Blockchain-Strategien erarbeiten und im größten deutschen Lab in Köln Hackathons im Mittelpunkt stehen, geht es in Hamburg um konkrete Entwicklungen und schnelle Ergebnisse. „Unser Wunsch war, etwas sehr nah am Unternehmensalltag zu machen“, betont Florian Elert. Im April vergangenen Jahres wurde die Idee geboren, im September kam die Hanse-Merkur an Board, im März diesen Jahres gab es den ersten Workshop.

Die Partnerschaft mit den beteiligten Unternehmen geht über mindestens 1 Jahr, beinhaltet 6 eintägige Sprints im DI-Lab der HSBA mit vorabendlichen Netzwerk-Events und bis zu 2 Vertretern pro Unternehmen am Puls der Zeit. Zu den wünschenswerten Mitarbeitern zählen Innovationsmanager, Tech- und Themenspezialisten, leitende Mitarbeiter und Vorstände. Die Kosten richten sich nach Größe und Funktion und liegen für Startups, Dienstleister und Versicherer zwischen 4.900,- € und 14.900,- € im Jahr.

Alle Unterstützung für Hamburger und norddeutsche Versicherer

Dabei arbeitet die Hamburger Innovationswerft selbst nach der Lean-Startup-Methodik, spart sich kostspielige Strukturen. Zweimal im Jahr trifft sich ein „Steering-Komitee“ mit aktuell 9 Vorständen der Partner und den Organisatoren, um das Konzept weiterzuentwickeln und die nächsten Themen abzustimmen. Drei Grundsätze verfolgt die neuartige Innovationswerft: 1. Es geht um Support der Branche in Hamburg und Norddeutschland, 2. Offenheit für neue Ideen ist A und O, und 3. Dienstleister dürfen mit max. 20% nur eingeschränkt dabei sein.

Mit der Sommerpause ist die Aufbauphase der Insurtech Werft abgeschlossen. Ab Herbst geht es um die Frage, wie das Programm weiterentwickelt wird und welche Themen in Zukunft auf der Agenda stehen. Außerdem sollen die Erfahrungen in den beteiligten Häusern vertieft werden und breit zum Einsatz kommen. Tilman Freyenhagen fokussiert zum Abschluss, dass „Fury“ als Sandbox zu einem digitalen Versicherer ausgebaut werden wird. Prof. Dr. Florian Elert ergänzt: „Welche Ideen die Partner aufgreifen und in den Häusern umsetzen, liegt bei den Unternehmen.“

Quelle: HANSEVALLEY – Das Hamburg Digital Magazin; Autor: Thomas Keup

Aus dem Beitrag HANSEINSURTECH: Schnelle Lösungen aus der Werft für den Linienbetrieb